Landschafts- und Siedlungsgeschichte
Vor tausenden von Jahren war das letzte Eis auch im Raum Eixen abgeschmolzen. Dem folgte eine Zeit der Tundra mit großen Graslandschaften und kleineren flachen Sümpfen bis sich schließlich erste größere Baumgruppen einstellten und eine Waldsteppe bildeten. Vor etwa 6.000 Jahren war fast das ganze Land rings um die Ostsee von Wäldern bedeckt (Satersdal et al., 1998; Küster, 2002).
Ob die Böden mehr oder weniger Steine enthielten, war für die Ausbildung von Wäldern nicht entscheidend. Eichen, Linden, Eschen, Ulmen und erst recht die Kiefern, Birken und Hasel lassen ihre Wurzeln um die Steine herumwachsen, wenn sie ihnen im Wege sind. Für die Entwicklung des Ackerbaus, der vor ungefähr 3.500 Jahren im südlichen Ostseeraum begann, war aber maßgeblich, ob die Böden steinig waren oder nicht und ob sie dauerhaft nass waren oder nicht oder sich zumindest temporär entwässern ließen. Grundlegend bestimmen diese Faktoren bis in die Gegenwart, welche Nutzungsform auf welchem Standort besteht, wenngleich sozioökonomische und Eigentumsbedingte Faktoren an dem einem oder dem anderem Standort für kontraproduktive Nutzungen sorgten. Bis zum endgültigen Durchbruch der Technik in der Landwirtschaft wurden weniger produktive Nutzungsformen nach einigen Jahrzehnten meistens wieder aufgegeben.
Mitte des 20. Jahrhunderts widersetzte man sich den natürlichen Gegebenheiten der Landschaft. Jetzt zum Anfang des 21. Jahrhunderts kehrt man langsam wieder zurück zur ackerbaulichen Bewirtschaftung von vorrangig fruchtbaren Böden. Die hundertprozentige Ausnutzung von hoch produktiven Böden, durch die Verbesserung des Saatgutes (Zucht und Gentechnik), die technische Bodenbearbeitung, Pflanzenschutzmittel, Dünger und Kalkungen sorgten für eine Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion, so dass Grenzertragsstandorte in andere Nutzungsformen übergehen können, was Aufforstungen, Stilllegungen und Grünlandnutzungen illustrieren.
Die ersten größeren Siedlungen etablierten sich im 9. Jahrhundert. Typischerweise entstanden die ersten Siedlungen im gesamten Mitteleuropa entlang der Urstromtäler – in der Gemeinde Eixen in unmittelbarer Nähe des Recknitztales (Wohsen, Kavelsdorf). Ungefähr seit dem 13. Jahrhundert sind die übrigen Ortschaften benannt. Die sich ändernden Nutzungen, entstehende und vergehende Siedlungen und die Entwicklung der Infrastruktur rufen einen Wandel in der Landschaft hervor. Dieser Wandel ist durch historisches Kartenmaterial gut nachvollziehbar. Aus den Ergebnissen können Schlüsse für die zukünftige Entwicklung der Gemeinde gezogen werden.
Ein vom Relief und den Bodenverhältnissen abhängender Trend von Nutzungsarten ist auch im Gemeindegebiet zu erkennen. Flache Hänge oder sumpfige Senken sind häufig als Grünland genutzt. Erst in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wurde hier gelegentlichversucht, eine ackerbauliche Nutzung zu ermöglichen. Oftmals war Ackerbau jedoch nur schlecht möglich, weshalb solche Flächen sich aktuell wieder in Grünlandnutzung befinden . Wird die Nutzung auf solchen Grünlandflächen aufgegeben setzt rasch die Verbuschung mit Pioniergehölzen ein. Dieses europaweit bekannte Phänomen trifft für die Gemeinde gleichsam zu. In den letzten Jahrzehnten ist die Bewaldung ehemaliger Grünlandflächen ein zentrales Problem des Naturschutzes, das die kulturhistorisch gewachsene Artenvielfalt gefährdet (Rosen & Van der Maarel, 2000; Hölzel & Otte, 2003; Rosen & Bakker, 2005).
Am problematischsten an dieser Entwicklung ist, dass es kaum noch allmähliche Übergänge von unterschiedlichen Nutzungsformen bzw. Vegetationsformen gibt. Die besagte Verbuschung findet irgendwo in der Landschaft statt. Ein Übergang von intensivem Ackerbau, zu Grünlandnutzung in den unterschiedlichsten Formen hin zum allmählichen Verbuschen mit gelegentlichem Weidetrieb zum Anfangsstadium Wald und endend in einem Hochwald gibt es kaum bis gar nicht mehr.
Doch gerade diese Randeffekte (edge effects) sind die Standorte mit der höchsten Artendichte und damit die Ausgangsstandorte für Neubesiedlungen, wenn nicht heute eher die Relikt-oder Reststandorte zum Überleben von zahlreichen Arten ((Roland, 1993; Donovan et al., 1997; Hobohm, 1998; Belfrage et al., 2005; Valladares et al., 2006)).
So zeichnete sich gerade Mitteleuropa viele Jahrhunderte durch ein enges Mosaik von unterschiedlichen Strukturen aus, die einerseits durch natürliche Prozesse und andererseits durch anthropogen bedingte Prozesse entstanden (Crosby, 1986; Bönsel & Matthes, 2007).
Die glazial oder anthropogen entstandenen so genannten Sölle spiegeln vielleicht noch am ehesten hier und da ein enges Mosaik von unterschiedlichen Strukturen wider. Bis etwa 1930 befanden sich um diese Sölle sehr häufig Wiesen für die Viehhaltung, wo einzelne Bäume als Begrenzung stehen blieben und gleichzeitig genutzt wurden. Zeitzeugen sind Baumgruppen, die bis heute stehen blieben – häufig Kopfweiden oder Eichen, die für die Schweine-Mast genutzt wurden. Meistens wurden nur kleine Gräben angelegt, um eine periodische oberflächennahe Entwässerung zu gewährleisten.
Andere kleine Entwässerungsgräben, die bis heute sichtbar sind, verlaufen entlang von Hecken. Diese parallel zur Hecke verlaufenden Gräben erfüllten zwei Funktionen, sie bildeten häufig die Flurstücksgrenze und die Vorflut.
Maßnahmen:
Die Erstaufforstung und Wiederherstellung von waldähnlichen oder waldverwandten Strukturen wie Feldgehölzen (Reste von Wäldern), Hecken und Waldmäntel sollte auf der kommunalen Fläche größere Bedeutung gewinnen. Dabei sind natürliche Prozesse zuzulassen bzw. zu ermöglichen.
Die Erhaltung von mesotrophen (nährstoffarm), halbtrockenen und waldfreien Standorten ist bei der Entwicklung von Wald oder Wald ähnlichen Landschaftsstrukturen zu berücksichtigen. Ein langfristiger Erhalt von mesotrophen Standorten kann im Zusammenhang mit waldverwandten Strukturen entlang von Wegen sinnvoll sein, zumal solche Landschaftsstrukturen als Puffer gegen Nährstoffe aus der Landwirtschaft dienen. Außerdem sind diese Strukturen im Zusammenhang mit der Tourismusentwicklung zu verbinden.
PfaU Planung für alternative Umwelt - Dr. BÖNSEL & RUNZE - GbR